Jedes Kind ist kreativ wie ein Künstler. Das Wesentliche, das wir uns fragen sollten, besteht darin, wie es ein Künstler bleiben kann.
Adi hat mich im Geburtshaus angesprochen, die Bauchbemalung war eine tolle Überraschung für seine Frau Daniela und ihre Tochter. Ein Zuhause voller Kunst und Inspiration. An einem Wendekreis am Ende einer schmalen Dorfstrasse gelegen. Adi hat sehr viele Geschichten aus seinem Leben und von seinen Reisen erzählt. Er war der Manager einer berühmten Künstlerin, Mara, die gerade das Innere eines Schiffes bemalte. Ein großes Bild von ihr hing in ihrem Wohnzimmer, was Adi zur Taufe seines Sohnes geschenkt bekommen hatte. Ihre Symbole, die Freude und Kraft ihrer Farben sind einfach faszinierend. Voller Vespieltheit, Einfachheit, Offenheit, Zärtlichkeit und Tiefe. Noch nie zuvor hatte ich Blau so gesehen wie dieses Blau. So tief und himmlisch einfach. Für jeden ihrer vielen Blautöne gab es Menschen, die die Farben genau nach Farbrezept für sie zum Malen mischten und ich glaube auch vormalten. Nur noch sowenig Zeit zu haben für die Entstehung eines Kunstwerks finde ich sehr traurig. Mara ist kurze Zeit später gestorben. Während dem Malen haben wir uns viel über Kunst und ihre Bedeutung in der Welt unterhalten. Es war eine sehr aussergewöhnliche Bauchbemalung, da wir sehr viel über mich gesprochen haben und was mir meine Arbeit bedeutet. Daniela strahlte mit ihrer bunt bemalten Glückskugel und ich ging nach diesem zauberhaften Nachmittag voller Freude, Mut und mit vielen neuen Ideen mit meinem Farbenkoffer weiter.
Es macht mich immer auch sehr nachdenklich, wie Künstler sich verändern, obwohl das ja gar nicht ausbleibt und ausbleiben kann in dem Moment wenn sie ihre Kunst öffentlich machen. Umso mehr aus Kunst ein Geschäft wird umso mehr verändert sich alles und umso achtsamer muss jeder sein, das zu bewahren was man an ihr liebt. Picasso zB hat sich immer ganz fürchterlich darüber aufgeregt, wenn Menschen seine Bilder verstehen wollten. Denn warum liebt man die Nacht, die Blumen und das Lied eines Vogels? All das möchten wir ja auch nicht verstehen. Er wollte es auf jeden Fall für sich behalten wenn er wüsste was Kunst ist. Er konnte aus einem gelben Fleck eine Sonne machen und aus einer Sonne einen gelben Fleck machen. Er konnte malen wie die Kinder, die Dinge so malen wie er sie dachte, nicht wie er sie sah. Einfach himmlisch. Er ließ während des Malens seinen Körper draußen vor der Tür, so wie die Moslems ihre Schuhe in der Moschee. Picasso hatte eine Mutter, die immer an ihn geglaubt hat, "willst du Soldat werden, so wirst du General, willst du Mönch werden, wirst du Papst!" Er wollte Maler werden und ist Picasso geworden.
Glaubt an eure Kinder, traut ihnen zu auf Bäume zu klettern um sich selbst kennenzulernen und einen eigenen, freien unabhängigen Geist zu entwickeln in dieser verrückten Welt. Kinder sind keine kleinen Erwachsenen und Eltern sollten auch nicht so mit ihnen umgehen. Oder ihnen tausend Dinge verbieten, aus Angst dass ihnen dabei etwas passieren könnte - im schlimmsten Fall ihren eigenen Weg zu gehen. Manchmal wünsche ich mir ja, ich hätte auch soviele Möglichkeiten gehabt als Kind, wie sehr viele es heute haben, einach in Vereinen zu sein, weil meine Eltern es waren, Hobbies und Freunde zu haben, weil sie es hatten, ein Musikinstrument zu spielen,einfach in einer Welt mit Bildung, Kunst, Kultur, Ordnung,Bewusstsein, Wohlstand,Ansehen und Reichtum aufgewachsen zu sein. Doch wenn ich manchmal Kinder erlebe, wie sie darin gefangen sind Wege zu gehen, die ihre Eltern ihnen schon heute vorzeichnen im Glauben daran, es seien freie Möglichkeiten für sie, bin ich im stillen dankbar dafür, dass ich all das nicht hatte.Und dafür eine einfache Kindheit, in der es mir zwar an vielem gefehlt hat aber nicht an Liebe und Freiheit, dass ich die sein durfte, die ich bin. Wir prägen unsere Kinder so sehr damit, wie wir halt selbst sind, woher wir kommen und was uns wichtig ist in unserem Leben. Wir tragen eine so große Verantwortung dafür, ein gesundes Maß für die gute Entwicklung unserer Kinder zu haben, dass wir es, glaube ich manchmal übertreiben das Beste für sie im Leben zu wollen. Entweder weil wir es selbst so gewohnt sind oder möchten, dass es ihnen anders geht wie uns selbst. Wobei man ja bedenken muss, dass unsere Kinder unserer Zeit schon weit voraus sind, allein schon weil sie später geboren wurden. Mit ihnen älter zu werden und sie einerseits als die Fortsetzung von sich selbst zu erkennen und als komplett neuen Entwurf finde ich mit die größte Herausforderung. Sie wollen dass wir Fehler machen weil sie uns darin erkennen können und gleichzeitig müssen wir Antworten in der Tasche haben auf die Fragen ihrer Zeit. Auch wenn es die ist, dass wir keine haben und sie uns dafür sagen, was wir doch für dumme Narren sind. Und auf der anderen Seite unserer Gesellschaft gibt es soviele Eltern, die am Rande unserer Gesellschaft stehen und deren Kindern in Not geraten sind, im schlimmsten Fall durch sie selbst als Eltern. All diese Welten und noch mehr bestehen nebeneinander in unserer Welt. Kunst verbindet seit jeher die Welten miteinander, ja es ist vielleicht sogar die beste Eigenschaft des Künstlers. Picasso sah es sogar als seine Aufgabe an, mit seiner Kunst Menschen auf das Andere in unserer kleinen beschränkten Welt hinzuweisen. Es ging ihm nicht darum, dass seine Kunst Hotelzimmer schmückte und doch wollte er Museen füllen, er zwang Menschen dazu seine Bilder anzusehen und malte mit Absicht schiefe Nasen, dass sie es taten! Und hätte er kein Geld mehr gehabt sich Ölfarben zu kaufen, dann hätte er mit Wasserfarben gemalt, wenn er für Wasserfarben kein Geld mehr gehabt hätte, so hätte er sich Bleistifte geklaut und wär er dafür Gefängnis gekommen hätte er sich auf die Finger gespuckt und an die Mauern gemalt. Vielleicht bewahrten sich die Künstler früher mehr von ihrer Freiheit, Leidenschaft und Liebe weil einfach auch die Zeit eine andere war? Wann muss der Mensch heutzutage für seine Freiheit noch kämpfen? Heutzutage darf jeder sich auf die Konstanzer Laube stellen und die Kunst von Lenk unheimlich und dramatisch finden. Doch ist sie es wirklich oder ist es nicht viel mehr die eigene Angst vor sich selbst, dass wir uns selbst eigentlich dramatisch und unheimlich finden? Der Mensch fürchtet sich vor nichts mehr als vor sich selbst und ich glaube wenn wir im Laufe unseres Lebens immer mehr davon kennengelernt haben sind wir ein Künstler geblieben. Picasso meinte er konnte den Menschen sagen was Kunst ist, bevor sie ihn fragten. Nur, es ist auch keine Lösung für den Menschen alles für sich zu behalten.